Beke Heeren-Pradt Wi.-Tagbl. 12.07.2011
„Pflanzenmenschen“ in Papier
AUSSTELLUNG: Der chinesische Künstler Ren Rong im Idsteiner Höerhof
Da war der Künstler selbst überrascht, wie perfekt seine neuesten Werke in dem kleinen mit roter Wandfarbe gestalteten Gastraum des Idsteiner Höerhofes neben der Hotelrezeption hängen: Der Chinese Ren Rong blieb am Tag der Ausstellungseröffnung begeistert stehen auf der Schwelle zum Raum, fasziniert vom Anblick seiner eigenen Papierschnitte, die für die Dauer der Ausstellung bis zum 30. August den Gastraum zu einem ganz besonderen Ort machen.
„Pflanzenmenschen“ - so ist der Titel der außergewöhnlichen Schau am ebenso
außergewöhnlichen Ort, dem fast 400 Jahre alten Fachwerkensemble des Höerhofes in der Idsteiner Altstadt. „Pflanzenmenschen“ - das ist ein Teil des umfangreichen Werkes des 50-jährigen chinesischen
Künstlers, der als Wanderer zwischen den Welten bezeichnet werden kann. Seit 1986 lebt er in Deutschland, hat ein Atelier in Bonn, betreibt aber gleichzeitig auch eine Galerie und Werkstätte in
Peking und hält sich regelmäßig in seinem Heimatland auf. „Pflanzenmenschen“ ist sehr eigene Bildsprache, die der Künstler in verschiedenen Techniken immer wieder aufgreift. Vielfältige ornamentale
und florale Elemente werden kombiniert mit Formen des menschlichen Körpers und erweisen sich als eine Art Synthese aus Formen traditioneller fernöstlicher Kultur und europäischer Moderne.
Neben den Papierschnitten im Inneren des Höerhofes fallen als Allererstes der Ausstellung vor allem die mannshohen Eisenskulpturen im Innenhof des Anwesens ins Auge. Auch hier: Blumen- und
Blattformen, verbunden mit menschlichen Körperformen, aus Eisenplatten ausgesägt. Einige Objekte hat man in einem Kreis zusammengestellt. Irgendwie gleichen sich die Figuren, dennoch ist jede ein
Einzelstück.
Deutliche Anklänge an die über Tausend Jahre alte chinesische Kunst des Scherenschnitts treten bei Ren Rongs Pflanzenmenschen hervor. Sehr dekorative Gartenkunst sind die Eisenobjekte, die im
Außenbereich eine rostige Patina entwickeln. Und dazu sind sie nicht nur Kunstobjekte zum Anschauen. Während der Vernissage demonstriert der Künstler, dass die Pflanzenmenschen aus Eisen auch klingen
können. Mit einem geeigneten Holzstab kann aus jeder Skulptur auch ein individueller Ton zum Klingen gebracht werden. Großen Erfolg damit habe er bei einer größeren Ausstellung in Hong Kong gehabt,
erzählt er. Die Besucher seien begeistert gewesen, dass es auch Kunstwerke zum Berühren gegeben habe.
„Jeder Schnitt ist ein Unikat“, erzählt er vom Zustandekommen der Pflanzenmenschen, die auch als Holzschnitte in Kombination mit Glas und Lack vorkommen. Und auch als Maler ist der produktive und
vielseitige Chinese, der in Nanjing geboren wurde und auch auf der Kunstakademie war, unterwegs. Kataloge seines Werkes liegen in der Idsteiner Ausstellung, die von der Galeristin Maria-Anna Alp aus
Frankfurt zusammengestellt wurde, bereit. Ren Rong zeigt sich dort als Maler, der unter vielem anderen auch eine große Anzahl von Mao-Porträts in unterschiedlichsten Zusammenhängen gemalt hat. Diese
plakativen Gemälde wollen nicht recht zusammen passen mit der filigranen Abstraktion der Pflanzenmenschen, die in ihrer Ausformung als Papierschnitte das neueste sind, was Ren Rong gemacht hat. Er
weist selbst hin auf die plastische Wirkung der Schnitte, die aus einem Papier gefertigt werden, das er in einem ersten Arbeitsschritt mit Leipziger Tusche koloriert. Unterschiedliche Schattierungen
der Farbtönung bilden eine sehr lebendige Oberfläche des Papiers, aus dem der Künstler dann ohne Vorzeichnen mit der Schere die Formen ausschneidet. Die Zusammenarbeit mit einem Rahmenbauer hat jetzt
zu den neuen Objekten im Holzrahmen geführt. „Die Schnitte sind etwas erhaben befestigt auf dem Passepartout“, erläutert Ren Rong, „dadurch entsteht ein Schattenwurf, der das Ganze plastisch wirken
lässt.“ Jeder Rahmen mit Papierschnitt sei wiederum ein Unikat und gehöre so zusammen. Jeder Rahmen mit Papierschnitt sei wiederum
ein Unikat und gehöre so zusammen. In dem
kleinen Gastraum im Idsteiner Höerhof wirken die kleinen Kunstwerke wie eigens dafür gemacht. Der Künstler kann sich kaum satt sehen. Nicht nur er ist begeistert.
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